VERNISSAGE -  Ausstellung "Gesichtslos  -  Frauen un der Prostitution" am 30.06.2023 mit Schirmherr Andreas Stenger, Polizeipräsident LKA Stuttgart und Dr. Julia Wege, Hochschule RV-Wgt, sowie mit dem Photokünstler Hyp Yerlikaya. 

 

Starker Auftakt für die „Rote Linie - Kampagne gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel!

 

Besser hätte der Auftakt nicht sein können! Bis auf den letzten Platz besetzt waren die Stuhlreihen bei unserer Vernissage der Ausstellung „gesichtslos - Frauen in der Prostitution zum Start der Kampagne„Rote Linie - Gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel“.

 

Clubpräsidentin Helga Raible konnte zahlreiche Ehrengäste begrüßen, darunter den Ersten Bürgermeister der Stadt Ravensburg, Simon Blümcke. In seinem Grußwort wies er ausdrücklich auf die Wichtigkeit solcher Initiativen hin und sicherte der Kampagne seine Unterstützung zu. Schirmherr der Kampagne ist Andreas Stenger, Präsident des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg. Er sprach von dem „großen Dunkelfeld“ illegaler Prostitution, das mit polizeilichen Mitteln allein nicht zu bekämpfen sei. Umso wertvoller sei die Initiative des Soroptimist Clubs Ravensburg/Weingarten, für die er sehr gern die Schirmherrschaft übernommen habe.

 

Die Ausstellung „gesichtslos - Frauen in der Prostitution“ gibt in 40 eindrucksvollen Fotografien Einblicke in das Leben und Erleben von Frauen in der Prostitution. Die Initiatoren der Ausstellung, Professor Dr. Julia Wege und der Fotograf Hyp Yerlikaya, beeindruckten die Gäste mit ihren Berichten über die Frauen, mit denen die Fotos gemacht worden seien, und ihre Geschichten. „Die Bilder gehen unter die Haut“, so der Kommentar einer Ausstellungsbesucherin.

 

Die Ausstellung ist noch bis 28. Juli im Heilig-Geist-Spital zu sehen. Begleitet wird sie von vier weiteren Veranstaltungen im Rahmen der Kampagne „Rote Linie“, zu denen wir verschiedene Fachleute eingeladen haben, um das Thema Zwangsprostitution und Menschenhandel zu diskutieren und darüber zu beraten, wie die unerträglichen Missstände beendet werden könnten.

 

FACHVORTRAG zur Prostitution im Bodenseekreis am 08.07.23 mit Dr. Hans-Walter Vollert, Chefarzt der Gynäkologie am Medizin Campus Bodensee in Friedrichshafen.

 

Erschütternd: Gesundheitliche Folgen von Prostitution!

 

Prostitution macht krank. Das war zumindest der Eindruck der zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörer beim Fachvortrag des Gynäkologen Dr. Hans-Walter Vollert. Eingeladen hatte der Soroptimist Club Ravensburg/Weingarten im Rahmen seiner Kampagne „Rote Linie - Gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel“. Dr. Vollert, Chefarzt der Gynäkologie am Medizin Campus Bodensee Friedrichshafen, sprach über die medizinische Versorgung von Frauen in der Prostitution.

 

Fissuren, Infektionen, zerstörte Darmflora, irreversible Beckenbodenschwäche, Unterleibsverletzungen: Die körperlichen Probleme, mit denen die Patientinnen in Dr. Vollerts Sprechstunde kommen, sind erheblich, der weibliche Körper sei oft dauerhaft geschädigt. So sei beispielsweise das Risiko von Unfruchtbarkeit und Gebärmutterhalskrebs signifikant höher, sagte er. Die Brutalität der Verletzungen, die er beschrieb, erschütterte die Zuhörerinnen und Zuhörer.

 

Rund 350 Frauen waren bei der letzten statistischen Erhebung im Bodenseekreis und im Landkreis Ravensburg als Prostituierte gemeldet, berichtet Dr. Vollert. Etwa 61 Prozent benötigen medizinische Hilfe. Für sie hat der Gynäkologe am Medizin Campus Bodensee eine eigene Sprechstunde eingerichtet.Die Initiative dafür kam vom Verein MISA-Arkade, dessen Streetworkerinnen seit vielen Jahren Frauen in der Prostitution betreuen. Allerdings: Krankenversichert ist kaum eine seiner Patientinnen, die meisten kommen aus anderen Ländern, haben keine Informationen über geltende Gesetze und schon gar nicht die finanziellen Mittel, um sich selbst zu versichern. Finanziert werden die medizinischen Leistungen, nötigen Laboruntersuchungen und Medikamente allein über Spenden, so Dr. Vollert.

 

Bereits eine Woche zuvor hatte der Soroptimist Club Ravensburg/Weingarten die Fotoausstellung „gesichtslos - Frauen in der Prostitution“ eröffnet. Weitere öffentliche Veranstaltungen zum Thema folgen am 14.,19. und 28. Juli. Mehr über das Programm der Kampagne „Rote Linie - Gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel“ unter www.soroptimist-ravensburg-weingarten.de

 

PODIUNSDISKUSSION: Keine Lovestory  -  Tatort Bordell am 17.07.23

 

Es diskutierten: Marietta Hageney, SOLWODI BaWü e.V.; Marie Merklinger, Überlebende der Prostitution; Axel Müller, Jurist und MdB CDU; Uwe Srürmer, Polizeipräsident RV und Dr. Stefan Tschöke, Psychiater. Die Moderation übernahm Katy Cuko, freie Journalistin.

 

So wie es ist, kann es nicht bleiben!

 

Im Bereich der Prostitution in Deutschland muss sich etwas ändern. Darüber waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Podiumsdiskussion am 14. Juli einig. Sie beleuchteten das Thema aus unterschiedlichen beruflichen und persönlichen Perspektiven, aufmerksam verfolgt von rund 100 Zuhörerinnen und Zuhörern im Heilig-Geist-Spital.

 

In der Problembeschreibung bestand Übereinstimmung: Ein großes Dunkelfeld illegaler Prostitution, geprägt durch Gewalt, Abhängigkeitsbeziehungen, Drogenmissbrauch, undurchdringbar für Polizei und Justiz. Für die betroffenen Frauen gibt es keinen Ausweg aus dem System, die gesetzlichen Schutzmechanismen scheitern an der Umsetzung.

 

Der Psychiater Dr. Stefan Tschöke kennt die psychischen Probleme von Prostituierten. Viele hätten schon in der Kindheit sexuellen Missbrauch erfahren, so seine Erfahrung. Das führe dazu, dass Gewalt als Normalität erlebt würde und sich Gewaltbeziehungen entsprechend wiederholen würden. Therapeutische Hilfe sei oftmals sehr langwierig.

 

Marie Merklinger wurde aus existenzieller Not in die Prostitution gezwungen, bis ihr nach drei Jahren der Ausstieg gelang. Sie hält Prostitution für ein gesellschaftliches Problem patriarchaler Strukturen, die Männern erlauben, über Frauen zu verfügen und ist überzeugt: Keine Frau prostituiert sich freiwillig. Daher kämpft sie für ein Sexkaufverbot.

 

Unterstützung erfuhr sie in der Diskussion von Axel Müller, Jurist und Bundestagsabgeordneter der CDU. „Wir werden uns im Bundestag für ein Sexkaufverbot einsetzen“, versprach er. Dieser Beschluss sei Resultat einer interfraktionellen Arbeitsgruppe und er hoffe, dass auch die anderen beteiligten Fraktionen sich diesem Vorstoß anschlössen.

 

Nicht unproblematisch ist ein solches Verbot aus Sicht der Polizei. Uwe Stürmer, Ravensburger Polizeipräsident zweifelt an der Durchsetzbarkeit. „Mit welchen Kapazitäten sollen wir das vollziehen?“, so seine Frage.

 

Marietta Hageney, die seit vielen Jahren Prostituierte berät und begleitet, hält ein Sexkaufverbot nach schwedischem Vorbild dennoch für den besten Weg, als Ausdruck einer gesellschaftlichen Haltung: „Man kauft keine Frau“! Allerdings muss das bisherige Nordische Modell ihrer Meinung nach um eine wichtige Säule erweitert werden: Ausstiegsmodelle brauchen auch konkrete Hilfen in den Herkunftsländern der betroffenen Frauen, um ihnen Wohn- und Arbeitsperspektiven zu geben.

 

FACHVORTRAG am 19.07.23 zur STUDIE  -  "Männer, die für Sex bezahlen..." mit Kerstin Neuhaus, Mitverfasserin der Studie: Männer in Deutschland, die für Sex zahlen und was sie uns über das Scheitern der legalen Prostitution beibringen. Begleitet wurde der Vortrag mit der Theatergruppe LiveTIKer, die eigens für diese Veranstaltung eine Performance kreierten.

 

Freier wissen, was sie tun!

 

„Männer, die für Sex zahlen“ heißt die Studie, die Kerstin Neuhaus im Rahmen unserer Kampagne „Rote Linie - Gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel“ vorstellte. Zur nunmehr vierten Veranstaltung der Kampagne konnten wir erneut über 100 Gäste begrüßen.

 

Kerstin Neuhaus ist Geschäftsführerin des Vereins „Augsburger*innen gegen Menschenhandel“ und hat für eine internationale Freierstudie deutsche Freier interviewt. Ihr erschütterndes Fazit: Den meisten Freiern ist bewusst, dass die Frauen nicht freiwillig als Prostituierte tätig sind, viele haben Gewalt durch Zuhälter wahrgenommen, allerdings ohne sie anzuzeigen. Viele fühlen sich berechtigt, gegen Bezahlung mit der Frau alles zu machen, was sie wollen. Einen „erschreckenden Mangel an Empathie“ nannte das Kerstin Neuhaus. Viel Applaus erhielt sie für ihre abschließende Forderung: „Freier müssen nicht aufgeklärt werden, Freier müssen bestraft werden!“ Die komplette Studie findet sich hier:

https://prostitutionresearch.com/wp-content/uploads/2022/11/Freier-Germany-11-8-22.pdf

 

Eingestimmt auf den Vortrag hatte die Ravensburger Theatergruppe „LiveTIKer“. Schwarz gekleidet, die Gesichter hinter weißen Masken verborgen, rezitierten die Schauspielerinnen Aussagen von Prostituierten, durchsetzt von Zitaten eines Freiers. Ihr Schlusslied von den wilden Schwänen, stellvertretend für den Wunsch, weit fort und frei zu sein, rührte viele im Publikum zu Tränen.

 

FINISSAGE "gesichtslos" -  Plädoyer für das Nordische Modell am 28.07.2023 -  mit Leni Breymaier, MdB SPD, Vorstand SISTERS e.v. und Helmut Sporer, Kriminaloberrrat a.D., Vorsitzender DIAKA e.V., Augsburg

 

Wir brauen eine andere Haltung!

 

Kampagne „Rote Linie“ endet mit deutlicher Forderung - Sexkauf muss verboten werden - Soroptimist Club Ravensburg/Weingarten bleibt weiter aktiv


Der Kauf von Sex muss verboten werden!“ Mit einem leidenschaftlichen Plädoyer der SPD-Bundestagsabgeordneten Leni Breymaier und Kriminaloberrat a.D. Helmut Sporer endete die vierwöchige Kampagne „Rote Linie - Gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel“, die der Soroptimist Club Ravensburg/Weingarten im Juli ausgerufen hatte.

Viele hundert Gäste haben im Laufe der vergangenen Wochen im Heilig-Geist-Spital die Ausstellung „gesichtslos - Frauen in der Prostitution“ besucht, haben Vorträge und Podiumsdiskussionen verfolgt. Immer wieder wurde deutlich, dass 90 Prozent der betroffenen Frauen nicht freiwillig als Prostituierte tätig sind. Viele Frauen sind körperlich und psychisch dauerhaft schwer geschädigt.

 

Die in Deutschland geltenden Gesetze lassen vieles als legal zu. Polizeiliche Ermittlungen sind mühsam und mangels entsprechender Zeugenaussagen nur selten erfolgreich. Viele Freier fühlen sich berechtigt, gegen Bezahlung mit der Frau alles zu machen, was sie wollen.

 

Expertinnen und Experten aus Politik, Polizei, Wissenschaft und Sozialarbeit sind sich einig: „So wie es ist, kann es nicht bleiben.“ Wie es anders gehen kann, zeigen Länder wie Schweden, Frankreich oder Kanada, in denen Sexkauf verboten ist. Bestraft werden nicht die Prostituierten, sondern die Freier und alle, die von Prostitution profitieren, wie Zuhälter und Bordellbetreiber. Hinzu kommt eine breite Aufklärung sowie Ausstiegshilfen für Betroffene, teils auch mit Partnerorganisationen in den Herkunftsländern.

 

Mehrere Initiativen, auch im Bundestag, setzen sich für eine entsprechende Gesetzesänderung in Deutschland ein. „Natürlich wird sich die Situation nicht auf einen Schlag verändern“, sagt Breymaier. Man wisse aber aus den bisherigen Erfahrungen, dass die Nachfrage deutlich geringer werde und die betroffenen Länder unattraktiver für kriminelle Profiteure. Freier wissen dann: Es ist nicht in Ordnung, eine Frau zu kaufen."

 

„Die Kampagne hat ihre Ziele - Informieren, Aufklären, Veränderung Anstoßen - erreicht“, bilanziert Clubpräsidentin Helga Raible. Für ein Sexkaufverbot wolle man sich weiterhin einsetzen. „Wir bleiben an dem Thema dran!“

 

 

Andreas Stenger, Polizeipräsident des LKA BaWü und Schirmherr der Kampagne ROTE LINIE s. unter EVENT
Ausstellungsort der Fotos "Gesichtslos - Frauen in der Prostitution": Heilig-Geist-Spital in Ravensburg
Fotograf Hyp Yerlikaya + Dr. Julia Wege, Mitinitiatorin der Ausstellung "Gesichtslos - Frauen in der Prostitution"

Kontakt

info@soroptimist-ravensburg-weingarten.de

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